Das Entchen der kleine Prinz

In der Realschule , in Biologie, startete wieder mal das Brutfest. Ich wurde wieder als Zuständige dafür ausgewählt.

In der Brutzeit fiel 2mal für längere Zeit der Strom aus, so dass wir uns um die Brut Sorge machten.

Als die Schlupfzeit kam, regte sich zuerst gar nichts - doch dann kamen bei 2 Eiern kleine Zeichen und tatsächlich wurde auch ein kleines Loch sichtbar. Ich hörte ein leises Piepsen. Bis zum Mittag waren auch die Schnäbelchen zu sehen, aber dann ging es einfach nicht mehr weiter.

Am anderen Tag half ich vorsichtig ein Stücken nach, aber man riet mir ab, da solche Tiere nicht lebensfähig würden, wenn sie die Geburt nicht selbst schafften. Ich ließ mich beeinflussen. Doch trotz aller Anstrengung konnten die Entchen die Schale nicht sprengen, obwohl ich immer wieder das Schnäbelchen befeuchtete.

Als ich gerade allen Ratschlägen zum Trotz sagte:" so und nun befreie ich die Tierchen doch" - hörte das Eine mitten im Schnabulieren auf. Es machte mich sehr betroffen und da das 2te die gleiche Not hatte, folgte ich meinem Herzen.

Als erstes gab ich ihm eine leichte Traubenzuckerlösung zum Lutschen. Dies wirkte sehr rasch, aber es schaffte es trotzdem nicht weiter. Nun half ich Stückchen für Stückchen weiter. Unserem kleinen Kerlchen schien das gar nichts auszumachen im Gegenteil es schien ihm recht gut dabei zu gehen. Was ich allerdings beim Lösen der Schale sah, gefiel mir gar nicht.

Als ich eine Pause einlegte, untersuchte ich das erste Ei und ich erschrak.

Das Entchen war total entwickelt, aber das Eiweiß war, wahrscheinlich durch den Stromausfall, zu einer zähflüssigen Masse geworden und umschlang den kleinen Entenkörper. Nun arbeitete ich fieberhaft um wenigstens das 2te Leben zu retten.

Schnell aus dem Verbandskasten Schere, Pinzette, Watte, Verbandsmull, Desinfektionsmittel und weiße Vaseline geholt - und nun begann ich das Kerlchen zu befreien das inzwischen auch schon Atemnot zeigte. Rasch die Gummischicht um Herz und Lunge durchtrennen - in aller Eile, aber doch behutsam. Als dies geschehen war, gab unser kleines Wesen einen fast triumpfierenden Laut von sich, - das Köpfchen konnte die richtige Lage einnehmen und kam unter dem Flügel hervor. Ein kräftiger Ruck durchzuckte das Körperchen, aber leider umsonst - die Gummischicht war zu massiv. Nun löste ich Stück um Stück die Masse vom kleinen Vogelkörper. Es ging alles gut, nur in der Dottergegend am Bäuchle war eine feste Verbindung mit der Haut. Um die dünne Haut nicht zu verletzen trug ich so dünn wie möglich die Masse ab um den Darmausgang frei zu bekommen um nicht event. die Verdauung zu beeinträchtigen. Ich desinfizierte das ganze Hinterteil, bestrich es dick mit Vaseline und steckte es praktisch in ein Höschen.

Ich konnte das dem Tod entrissene Entchen lange nicht aus der Hand geben. Zuerst musste ich mich entspannen, dabei ließ ich die ganze Prozedur nochmals wie im Film in meinem Innern ablaufen.

Das kleine Prinzchen war in meiner Hand für kurze Zeit eingeschlafen, danach aber war es putzmunter. Ich glaube ihm hat die Geburtszeremonie weniger geschlaucht wie mich!

Was dann kam war das normale Weitergehen eines normal geschlüpften Entchens - Nur war der kleine Prinz durch die lange Geburt schon total auf den Menschen geprägt und zudem war er ja allein. Auch war er durch die außergewöhnliche Geburt zum Mittelpunkt der ganzen Schule geworden. Es war keine Seltenheit mitten auf der Wiese eine Schar Schüler und in der Mitte den kleinen Prinz zu sehen.

Es war kein leichter Tag als das Prinzchen das so liebgewonnene Reich wechseln musste. Es geschah in aller Stille.

Trotz aller Fürsorge in der neuen Umgebung hatte das Prinzchen Heimweh nach der Schule.
Doch bald hatte er sich auch in seiner neuen Heimat das Narrenrecht erworben und hat somit nichts mehr vermisst, es sei denn den Umtrieb!