Am 30. 4. kam unser kleiner Star,
er war noch nackt und blind. Die Kielchen an den Flügeln zeigten sich
andeutungsweise. Roko hatte lange graubraune Dunen, einen sehr breiten
Schnabelwulst und ein sehr zartes Stimmchen, das gar nicht zu seinem herzhaften
Äußeren passen wollte.
Am 2. 5. zeigte Roko kleine Schlitzäugchen und am 3.5. schaute er mich groß und lange an. Sicher war er sehr verwundert, was er da vor sich sah und scheinbar seine Mama sein sollte! Aber wie es schien war ihm dies bald egal, Hauptsache er bekam sein Fressen und wurde gut behandelt.
Unser „Star“ hatte immer guten
Appetit, gedieh prächtig und war problemlos. Bald schon bekam er eine sehr
kräftige Stimme und gierte lautstark.
Am 9.5. verließ er zum ersten mal sein Nest und ich musste ein Käfigteil darüber stülpen. Ab und zu machte ich das Türchen auf und er hopste und kletterte übermütig umher.
Am 12. ging er schon allein in sein Häuschen und versuchte zu Fressen. Nun ging alles sehr rasch. Er bekam sehr viel Freigang und lief hinter oder neben mir her und mit Vorliebe setzte er sich auf meine Schuhe. Zwischendurch bekam er noch Futter aus meiner Hand was er sehr genoss, zumal er beim selber Fressen immer noch etwas Schwierigkeiten hatte. Er sperrte seinen Schnabel zu weit auf, genau wie er es tat wenn er bei mir Futter bettelte. Nach dem Fressen kam das große Geschäft, somit war er ein sehr reinlicher Vogel. Er hatte auch nie ein beschmutztes Nest.
Es war wunderschön ihm beim Flugtraining zu zuschauen und wie er sich freuen konnte wenn ihm etwas gelang.
Am 12. 5. wollte er eigentlich in die Höhe, aber es wurde ein Flug in die Tiefe und er war ganz geschockt. Als er sich dann aber auf meine Schuhe setzen konnte war er wieder getröstet. Am 14. klappte es dann aber mit dem Hochfliegen und bei jeder Gelegenheit flog er mich an.
Am 19. durfte Roko zum ersten mal ins Freie. Er hüpfte sehr lange am offenen Fenster rein und raus bis er es dann endlich wagte in den nahen Baum zu fliegen. Nach etwa 4 -5 Stunden kam er überglücklich, aber mit großem Hunger und Durst auf mein Rufen angeflogen. Zum Trinken, das er vorher noch nie selbst gemacht hatte, hüpfte er ganz ins Wasser und badete dann auch das erste mal. Danach schlief er sehr lange. Um 15 Uhr, flog er nochmals los, kam aber um 18 Uhr total erschöpft, nachdem er kurz zuvor einen Kampf mit einer Amsel zu bestehen hatte. Er kämpfte zuerst schreiend, aber dann floh er in Panik. Als er ankam hatte er wieder großen Hunger und Durst, dann schlief er, schrak aber bei jedem Geräusch auf. Es muss schon gewaltig sein für so ein Kerlchen, sich allein in die Freiheit zu wagen mit all den Gefahren, die auch Tieren leider nicht erspart bleiben.
In der Nacht blieb Roko in seinem Häuschen, aber er schlief sehr unruhig. Trotzdem zog es ihn am andern Morgen wieder ans Fenster - allerdings brauchte er wieder sehr lange bis er los flog. 2 Stunden lang rief er immer wieder vom Baum aus und als ich dann doch mal ans Fenster ging, war er auch schon da und blieb für den Rest des Tages.
Am 22. trug ich Roko ins Freie um ihn von der Höhe auf den Boden zu bringen ( mein Zimmer ist im 3ten Stock) Als ich ihn auf den Boden setzen wollte, flog er steil hoch und entfernte sich 3 – 4 Bäume weiter weg - als ich dann in mein Zimmer kam, war er allerdings schon da. Er flog mich an, flog ans Fenster, flog mich wieder an wie wenn er sagen wollte: Komm geh doch mit mir! Als ich dann irgendwann das Zimmer für kurze Zeit verließ, ging auch Roko wieder ins Freie, aber so alle 2 Stunden kam er und rief nach mir. Wenn das Fliegengitter am Fenster geschlossen war, suchte er fast verzweifelt nach einen Einlass.
So ab dem 24. schlief er auch im
Freien. Am 26. am Abend kam er und bettelte um Einlass, aber ich musste hart
bleiben. Morgens um 6 Uhr stand er schon vor dem Fenster und mit verhaltenem Ton
machte er sich bemerkbar. Als ich mich nicht regte, saß er lange ganz still, so
dass ich mir Sorge machte, da dies doch so gar nicht seine Art war. Als ich mich
dann aber bemerkbar machte, war die Freude lautstark und temperamentvoll.
Auch im Freien erkannte er mich und alle die ihn pflegten. Er kannte seine Lieben, denn die andern flog er nicht an - Toll!
Roko kam noch lange ans Fenster und bettelte um Einlass und nicht immer konnte ich widerstehen - aber nach dem er ein paar Häppchen bekam, musste er wieder raus. Es tat mir manchmal schon gewaltig weh, ihn so „vors Fenster zu setzen“. Mit der Zeit merkte ich, dass er nun keinen Hunger mehr hatte, sondern nur noch Kontakt mit mir suchte, aber auch da musste ich zurückstecken, musste er doch Anschluss an Seinesgleichen suchen.
Am 5. 6. wollte er mal wieder mit aller Gewalt herein und ich machte eine ganz kleine Öffnung und schon war er herein geschlüpft. Ich nahm ihn in die Hand und er war gut im Futter obwohl er von mir ja kaum mehr was holte.
Diesmal aber sperrte er seinen Schnabel, so wie er es als Baby tat - ich widerstand tapfer, sollte er doch nicht nochmals ins Babyverhalten zurück gehen. Ich sprach mit ihm und setzte ihn dann wieder vors Fenster und wie es aussah war er damit auch zufrieden.
Eine Zeit später stand Roko wieder vor dem Fenster und rief, als ich ihm antwortete, sah ich einen zweiten Star neben ihm, der aber bei meinem Erscheinen gleich wegflog, worauf auch Roko ihm mit einem fröhlichen, ja fast übermütigen Jauchzer nach flog.
An einem Abend, es war schon recht spät, ich war gerade am Telefon und um diese Zeit war Roko noch nie gekommen. Er versuchte mit aller Gewalt noch herein zu kommen und probierte es auf jede erdenkliche Art. Er hörte mich sprechen und ich reagierte nicht auf ihn, das konnte er nicht verstehen. Er war sehr unruhig und aufgeregt und irgendwie ging er gekränkt weg.
Am andern Tag kam er nicht mehr. Es tat mir leid und ich machte mir Vorwürfe. Als ich ihn dann suchen wollte, merkte ich, daß alle Staren weg waren. Sicher ist Roko mit ihnen gegangen und wollte sich „nur noch verabschieden.“
Der Winter war lang. Als dann am 7. März die Staren kamen war Roko mit dabei . Am 8. März stand er als einzelner Star vor meinem Fenster und suchte nach Futter da noch viel Schnee lag. Als ich zusätzlich für ihn was raus legte, flog er kurz in den nahestehenden Baum und kam dann wieder und fraß genüsslich.
Ja es war wirklich Roko, der noch immer seinen Schnabel überweit aufsperrte wie er es immer tat!
Am andern Tag kam er mit einer ganzen Schar, die aber sehr ängstlich auf mich reagierten und gleich wegflogen, als ich näher ans Fenster kam - Roko allein blieb!
Für mich selbst war es überwältigend, daß Roko den Flug schaffte und noch wusste wo er ein Jahr zuvor Heimat und Nahrung bekam. Es machte mich überglücklich und ein paar Tränen rollten über mein Gesicht!