Mati mein kleiner Buchfink

Wieder einmal hatten Eichhörnchen ein Nest geräubert. Ein Junges fiel, scheinbar unbemerkt, über den Nestrand und landete gerade vor Martinas Füßen. Es hatte noch viel Flaum und war klein und zart.

Da Martina sah, was oben im Baum geschah nahm sie den Babyvogel auf. Sie glaubte sicher, dass das Kleine Verletzungen habe, da es so hart auf den Boden aufschlug.

Mit großer Sorge brachte sie mir das Baby, doch nach dem der erste Schreck überwunden war, merkte ich, dass es sich in meiner Hand entspannte und sich sichtlich wohl fühlte. Es rückte sich so zurecht, dass es möglichst viel Wärme in meiner Handmulde abbekam und es gierte bei jeder kleinen Bewegung.
In meiner Mehlwurmzucht fand ich ein paar frisch gehäutete Würmchen. Mati sperrte auch gleich den Schnabel, aber sobald der Wurm kam - zu!
Nach einigen misslungenen Versuchen sperrte ich dann das Schnäbelchen und Mati hatte dann auch sehr rasch begriffen und es wurde eine unproblematische Aufzucht, zumal auch die Kostumstellung keine Schwierigkeiten machte.

Für Mati war es ein Ansporn, dass noch zwei andere Vögel da waren. Schon bald kam sie über den Nestrand und setzte sich oben aufs Körbchen. Ich stülpte nun ein Käfigteil über, so dass sie auch schon mal auf ein Stängchen klettern konnte. Als sie das begriffen hatte, war sie nur noch Nachts im Nestchen. Da die beiden anderen Vögel wegen Behinderung nicht zu Mati kommen konnten, brachte ich ihr Käfig zu den Beiden doch die kleine Unruh war für die Beiden eine Zumutung und so ließen wir es bei dem stimmlichen Kontakt. Auch als Mati fliegen konnte, ließ sie die Beiden in Ruhe, nur ganz selten machte sie einen kurzen Besuch in der Ecke der Behinderten, die sie aber kaum mehr beachteten.
Aber riesengroß war die Freude wenn ich ins Zimmer kam, sie musste mir alles erzählen was in der Zwischenzeit gewesen war.

Doch trotz aller Freude kam die Zeit, Mati für die Freiheit vor zu bereiten - ihr Angst vor der Katze zu lehren und auch vor den Krähen und dem tiefen Wasser. Den Käfig stellte ich jetzt ans offene Fenster damit sie mit den Geräuschen draußen vertraut wurde und damit die Luft das Gefieder für Wind und Wasser vorbereiteten.
Ja und dann kam der große Tag - das Türchen ging auf!
Zuerst wurde es scheinbar gar nicht beachtet - dann saß Mati im offenen Türchen und schaute nach draußen - und dann kam sie übers Käfig und flog ins Zimmer und stibitzte sich bei den beiden Behinderten was zum Fressen.
Nach einiger Zeit trug ich sie durch die Türe ins Freie und setzte sie außen ins Käfig, aber wieder kam sie übers Käfigdach ins Zimmer. So ging es einige Tage bis sie begriff, dass es auch außerhalb des Zimmers möglich war zu fliegen und zu leben.

Als Mati nun schon viele Tage im Freien verbrachte, nahm ich das Käfig vom Fenster, zog den Vorhang zu. Doch unsere listige Mati wusste sich zu helfen, sie kam nun einfach zur Türe herein spaziert, zu der ich sie immer wieder hinaus getragen hatte.



Es war ein herzerquickendes Bild, wenn der kleine Vogel zur Tür herein und den Gang entlang trippelte um in „sein Zimmer“ zu gehen.
Mit der Zeit wurden die Zimmerbesuche seltener und hörten dann ganz auf, aber wenn ich ins Freie kam und pfiff war mein Liebling bald da.

Durch irgend welche Umstände musste ich eine Zeit weg. Als ich nach einem Jahr wieder kam, erzählte mir meine Nachbarin, dass da immer wieder ein Buchfink am Weg saß und da sie glaubte, er sei krank, nahm sie ihn in die Hand - doch als er ein wenig Handwärme und ein paar Streicheleinheiten erhalten hatte, breitete er seine Flügel aus und flog munter davon!